Ich stelle fest, dass viele Unternehmen ihren Bestandskunden zu wenig Sorge tragen. Zu gross ist die Verlockung sich auf Neukunden zu fokussieren, man will ja schliesslich wachsen und Marktanteile gewinnen.
Und das obwohl jeder weiss, dass es 10x teurer ist, einen Neukunden zu gewinnen, als einen Bestandskunden zu halten.
Selbstverständlich ist es unerlässlich neue Kunden zu gewinnen, falls ein grosser Kunde wegbricht muss man kompensieren können und ja, jedes Unternehmen hat Wachstumsziele. Soweit alles legitim.
Nur, wenn ich mich nicht um die Bestandskunden kümmere, diese sich selbst überlasse und mich in der Sicherheit wiege, dass die dann schon wiederkommen, wenn sie was brauchen, dann habe ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht.
Die Konkurrenz schläft nicht. Gerade wenn es um grosse Kunden mit einem bekannten Namen geht, dann will die jeder in seinem Portfolio haben. Das heisst die werden regelmässig umworben von deinen Mitbewerbern.
Und was machst du? Nichts? Ganz schlecht!
Selbst wenn es Rahmenverträge gibt, die den Kunden an dich «binden», heisst das noch lange nicht, dass er sich nicht nach einer Alternative umsieht oder dass sich eine Alternative anbietet und die ist vielleicht gar nicht so schlecht, vielleicht sogar besser als du. Auch wenn du ein super Typ bist und ein gutes Verhältnis zu deinem Kunden hast, wenn du dich über Monate oder gar Jahre nicht bei ihm meldest, dann verblasst die «Liebe» irgendwann.
Stell dir folgende Situation vor:
Du startest als neuer Account Manager in einem Unternehmen. Du bekommst eine Liste mit Bestandskunden, welche du von deinem Vorgänger übernehmen kannst. Perfekte Ausgangslage, oder? Der Umsatz ist somit gesichert, alles was du tun musst, ist dich bei ihnen vorzustellen.
Nach dem 10. Telefonat ist deine Motivation im Keller. Warum? Mehr als die Hälfte der Kontakte ist gar nicht mehr in dem Unternehmen tätig und auf die Schnelle konnte man dir keinen Nachfolger nennen.
Du fragst dich, was du hier eigentlich für «Schrott-Kunden» bekommen hast und forschst ein wenig im CRM nach. Du stellst fest, dass man die Bestandskunden nicht pro-aktiv kontaktierte, sondern nur ein Meeting vereinbart wurde, wenn konkret Bedarf bestanden hat. Das ist aber teilweise ein Jahr oder länger her.
Was heisst das für dich?
Du fängst wieder ganz von vorne an. Erst musst du herausfinden, wer die richtige Kontaktperson ist, einen Termin vereinbaren, dich und dein Produkt vorstellen, die ganze Beziehungsarbeit leisten, bis du vielleicht wieder zu einem Auftrag kommst. Natürlich kannst du darauf aufsetzen, dass schon mal eine Zusammenarbeit bestanden hat, aber je nach dem wer sich den Kunden in der Zwischenzeit gekrallt hat, wird es schwierig da wieder reinzukommen. Schlussendlich ist es genau so viel Arbeit wie einen Neukunden zu gewinnen.
Wie kann ich das verhindern?
Ganz einfach. Indem ich meinen Kundenstamm sauber qualifiziere und bewerte und somit festlege, wie oft ein Kunde pro Jahr kontaktiert und besten Falls besucht wird. Die Frequenz hängt dabei sehr stark von der Branche, dem Produkt oder der Dienstleistung, dem Life-Cycle und weiteren Faktoren ab. Falls es keine Best Practice gibt in deinem Unternehmen, besprecht das im Sales-Team zusammen mit eurem Team Leiter und legt gemeinsam einen Standard fest.
Es lohnt sich jährlich eine grobe Besuchsplanung zu erstellen. So könnt ihr ganz einfach eure Terminvorgaben einhalten und schon mal Dreiviertel eurer Gesamt-Besuche vorgängig planen.
Ihr habt einen Überblick über euer Kundenportfolio und genügend Puffer für unvorhergesehene Termine aufgrund von Kundenanfragen oder für Neukunden. Wenn ihr euch jetzt noch die dazugehörigen Aufgaben setzt, um die Termine frühzeitig abzumachen, kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Natürlich gibt’s immer die eine oder andere Verschiebung, weil jemand in den Ferien ist, in der vorgesehenen Woche nicht kann usw., aber im Grossen und Ganzen steht eure Jahresplanung.
Der Clou an der Sache ist, dass ihr regelmässig mit euren Kunden in Kontakt seid. Es muss nicht immer ein konkretes Projekt sein, aber als Sales findet man doch immer ein Thema, worüber man reden kann und was einen Besuch vor Ort legitimiert. Neues Produkt, neue Trends, Zahlen vom Vorjahr besprechen, Vertrag verlängern, aktuelles Weltgeschehen (z. Bsp. das Corona-Virus), aufkommende Gesetzesänderungen, was auch immer. Euch fällt wohl etwas ein. Es geht darum am Kunden dran zu sein. Ihn zu spüren und bei aufkommenden Projekten «Top of Mind» zu sein.
Selbst wenn der direkte Kontakt das Unternehmen verlässt, muss die Beziehung so stark sein, dass ihr a) darüber informiert werdet und b) bestenfalls dem Nachfolger direkt vorgestellt werdet. So könnt ihr nahtlos anknüpfen. Plus: Ihr gewinnt mit eurem «alten» Kontakt bei seinem neuen Arbeitgeber vielleicht sogar noch einen Neukunden.
Das wird aber nicht passieren, wenn ihr euch nicht aktiv bei euren Kunden meldet und einfach darauf wartet, dass er einen neuen Auftrag rüber schiebt. Wenn ihr euch nach 2 Jahren mal wieder melde besteht die Gefahr ins Leere zu laufen, weil euer Kontakt schon lange nicht mehr da ist oder eine andere Rolle übernommen hat.
Aber bekomme ich denn jedes Mal einen Termin, wenn ich anrufe?
Ja, weil der Kunde deinen Anruf erwartet oder bestenfalls das nächste Meeting schon beim letzten vereinbart wurde. Ich habe meinen Kunden immer beim ersten Meeting transparent gesagt: «Ich würde mich gerne halbjährlich (oder eine andere gewünschte Frequenz) mit Ihnen treffen, damit wir uns gegenseitig auf einem aktuellen Stand halten können. Wollen wir die nächsten Termine gleich festlegen oder soll ich Sie jeweils 2 bis 3 Wochen vorher kontaktieren?» Der Kunde kann dann entscheiden und ich notiere mir die vereinbarte Vorgehensweise im CRM, damit ich immer up to date bin. Wenn ich dann anrufe kann ich nur noch sagen: «Unser Halbjahres-Meeting steht wieder an. Wie sieht denn bei Ihnen die Woche xy aus?» Termine zu bekommen, sollte so kein Problem mehr sein.
Aus einer Regelmässigkeit wird bald eine Tradition und diese fördert das Vertrauen.
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